Orient in Okzident

Love and live between worlds

Geschichte, Geschichte

Es ist wieder einer dieser Tage, ich schaue eine historische Dokumentation und merke, schon wieder schreiben die Gewinner die Geschichte. Die Römer, die Griechen, die Chinesen, die Portugiesen. Die Kelten haben römische Namen, die Russen haben Ihren Zaren und wo bin ich? Wo sind wir? Wen meine ich mit Wir? Mit wir meine ich die indigenen Völker, die Nomaden, sogar die Germanen, die immer so oft schön als ungebildet und urig dargestellt werden. Ja, mit diesen Menschen fühle ich mich tatsächlich irgendwie verbunden. Es hat 32 Jahre gedauert bis ich das erkannt habe, bis zur Schwangerschaft mit meinem ersten Kind.


Bibbi Blocksberg bei den Agga Uggas

Meine Kinder schauen Bibbi Blocksberg, diesmal ist es eine Folge in der sie ein Forscherpaar kennen lernen, die einen seltenen Schmetterling suchen. Sie landen im Dschungel und finden den Schmetterling doch werden von den Agga Uggas gefangen genommen.

Diese haben einen dicken, fetten Topf auf der Feuerstelle stehen, in dem sie glauben gleich zu landen. Bis zu dieser Szene hatte ich schon wieder schlechte Laune, vielleicht bin ich überempfindlich, okay, aber ich sehe es einfach trotzdem. Ich habe dieses Bild im Kopf von dem Stereotypen der schon immer die Medien bedient, die zivilisierten, weißen Forscher die auf die kanibalischen indigenen Urmenschen treffen. Ich wollte in diesem Moment schon fast den Fernseher ausmachen. Mein Mann merkt, das ich mich wieder aufrege. Doch dann kommt auf einmal Bibbi Blocksberg rettet sie indem sie merkt, das der Schmetterling einfach nur eine Partnerin braucht und sie zaubert sie herbei. Bibbi fragt ob die Agga Uggas die Forscher bitte verschonen können und nicht in den Suppentopf werfen. Die Agga Uggas erklären dann, das sie Vegetarier sind und Kohlsuppe als Opfer für den Schmetterling gekocht haben. Alle lachen wegen diesem Missverständnis. Okay, ich musste auch lachen aber ein bitterer Nachgeschmack bleibt.


Licht aus dem Osten

Das Buch von Peter Frankopan, es heißt „Licht aus dem Osten“, ist ein absolut hervoragendes Buch zur Identitätsfindung. Ich suchte mich und meine Wurzeln mit großer Mühe in Büchern. Manchmal bin  ich sogar neidisch. Neidisch auf meinen Mann, das er soviel über seine Wurzeln weiß und es von Anfang an immer mitbekommen hat. In Geschichtsbüchern der Schulen, in den Medien, Nachrichten, der Familie. Ich wollte und will einfach nicht glauben, das meine Geschichte, unsere Geschichte erst mit der Invasion aus dem Osten begonnen hat, erst mit der Invasion der Europäer in Nordamerika, Alexander dem Großen der dem Orient erst gezeigt hat, wie man zivillisiert lebt. Ja, ich klage, klage darüber das meine Kinder sich auch mühsam ihre Wurzeln suchen müssen. Zumindest meine Seite. Wie schade und ungerecht. Ich glaube, das die ehemaligen Kolonialmächte es der Menschheit schuldig sind, mehr Wissen zur Verfügung zu stellen. Wenn mich Menschen fragen, „woher kommst Du?“, sage ich „Ich bin Türkin mit Wurzeln in Chorasan“, am Liebsten würde ich sagen, „Ich bin ein Kind der Seidenstraße und die Erinnerungen sind immer noch epigenetisch in meinem Gehirn verhaftet!“ Warum muss ich mir das Wissen so mühsam aneignen?


Segen für die Türken?

Ich glaube, es wäre ein Segen für die türkischstämmigen Deutschen, die in 5. Generation hier leben, zu Wissen das Ihre wahren Wurzeln nicht nur im Islam sondern mitunter auch in der Seidenstraße sind. Obwohl man in den Medien schon merkt, das die westliche Zivilgesellschaft nicht wirklich Lust auf das Thema Seidenstrasse hat. Es gab nicht nur die bösen Mongolen und die Invasion aus dem Osten, sondern auch viele schöne Dinge, die aus dem Osten gekommen sind! Ohne die Steppenvölker würde es viele Dinge nicht geben, aber keiner spricht darüber. Es gibt immer einen unterschwelligen Haß und Mißmut gegen Türken bzw. Türkischstämmige. Ich höre immer nur wie schön die christlich, abendländische Kultur ist. Vor allem seit wir ländlicher mit den Kindern leben. Ja, bestimmt gibt es schöne Werte hier aber was wissen diese Menschen den tatsächlich über den Orient. Das ist eine Frage, die mich schon seit eh und je beschäftigt.


Identitätskrise, wilde Jugend, suchen in Subkulturen

Wenn man als Kind schon immer merkt, das man anders ist, dann kann man sich nur selbst in Büchern suchen. Welchen Weg gibt es noch? Hier gab es aber leider in der Stadtbücherei nur Bücher, mit Kindern die nicht so aussahen wie ich, nicht so hießen wie ich, nicht so lebten wie ich. Heute ist es besser.

Meine Jugend war geprägt von den wildesten Feiereien, aus dem Elternhaus abhauen usw. Ich wollte einfach irgendwo ankommen, weil ich nicht wusste, das es noch mehr in meinem Kulturkreis gibt, wie Teekränzchen, reden über die Nachbarn und Erfolg in der Schule. Also bin ich in der HipHop Kultur gelandet. Hatte auch lange hier ein Zuhause als Tänzerin, bis ich mit einem der Gründerväter im „Writer Bereich“ 2 Jahre zusammen war, immer nach New York gependelt bin und gemerkt habe, „Nein, hier bin ich auch nicht zu Hause.“

Der erste Lichtblick

Erst als ich das erste Mal die Gitarre meines Vaters in der Hand hatte und in der alevitischen Gemeinde das Gitarre spielen erlernte, die ersten geistlichen Lieder gehört habe, hat alles Sinn gemacht. Doch auch hier habe ich gemerkt, der Mensch ist Mensch und bleibt intollerant, wenn er nur in seiner Welt bleibt. In meiner Reise entlang meiner ganz persönlichen Seidenstraße habe ich gemerkt, Liebe ist das einzige das die Völker verbindet und diese erweckt die Weisheit um Toleranz für alle Lebewesen zu empfinden. Doch dafür muss man anscheinend einen langen Leidensweg gehen…

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