Konfession
Kinder, die Opfer religöser Vorstellungen
Vorab jedem das seine. Ich toleriere, akzeptiere jeden Weg, solange ich nicht auch in dieselbe Richtung gedrängt werde. Trotz allem habe ich schon ein kleines Trauma. Ob es nun die Kinderbibel in meinen Händen war, die ich kurz nach der Geburt meines ersten Kindes in der Hand hatte ( Es war ein katholisches Geburtshaus, ein sehr schönes trotz allem wohlbemerkt). Christliche Missionare am Hemdzipfel im Alter von sieben Jahren. Klar. Es kam mir vor, als würden all diese „Kräfte“ sagen, „Hey, Du hast kein Kopftuch, gehst nicht in die Moschee, komm zu uns!“ Nur weil mein Hintergrund zu keiner großen Weltrelgion gehört, bin ich dann gleich „Gottlos?“ Genetisch habe ich mit Jesus vielleicht mehr gemeinsam als manchem recht ist, schließlich kommen seine Wurzeln zum Teil aus derselben „Hood“ wie meiner!
Religiöser Druck der wächst
Es ist aber sehr erstaunlich, wie sich der religiöse Druck in den letzten Jahrzehnten erhöht hat.
Seien es wirklich egal welche Konfessionen. Es hat bestimmt auch etwas mit der Radikalisierung des Islam zu tun. Es braucht immer eine Gegenenergie, so erkläre ich es mir. So war es schon immer, wenn man sich die Geschichte anschaut. Wie kann ich jedoch in der Mitte wandeln? Das frage ich mich jede Tag.
Wer übernimmt die Weltherrschaft
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als mein Vater und ich Sonntags vor ein paar Jahren durch den Park liefen und einen Haufen Jugendliche sahen, die Volleyball und Völkerball spielten. Sie waren richtige Teenager. Hallo, es war keine Schule! Erst einmal auch nicht verwerflich. Die Mädels hatten alle Röcke an und Zöpfe, die Jungs alle Hemden und fein frisiertes Haar. Ich dachte so, „krass in dem Alter wollte ich nur raus, einen „Smoken“, Musik hören, auf dem Spielplatz abhängen und meine Ruhe haben“. Doch diese Jugendlichen waren so ganz anders. Ich fragte meinen Vater, „Baba, schau mal, die spielen total diszipliniert Sonntags Völkerball!“ Er meinte nur, „Canim kizim (meine liebe Tochter) bu Cocuklar gelecekte Dünyayi yönlendirecekler.“ (Diese Kinder werden in Zukunft die Welt regieren). Ich habe gelächelt und dann aber nachgedacht. Warum, sagt er das denn jetzt einfach so? Seitdem beobachte ich alles. Sei es nun in den Walldorfschulen, die Ihre christliche Seite mehr und mehr entdecken oder auch im Alltäglichen, wenn „Arthur und die Runde der Tafelrunde“, Ihre Runden auf Kika drehen. Das erste Mal als die Serie lief, sagte mein Mann nur so „Du weißt das es um Kreuzritter geht und sagst nichts? Was ist denn hier los?“ Ich hab nur gesagt, „Ich weiß. Was soll ich aber machen? Wenn sie alt genug sind, erkläre ich es ihnen!“ Am liebsten hätte ich ihm für den Spruch natürlich den Pantoffel um die Ohre geworfen. Typisch Türkisch halt.
Mit Kind und Kegel vom Ghetto ins idyllische kleine Dorf
Mein Mann und ich sind kein klassisches Paar. Wir sind beide Singersongwriter. Ich bin schon sehr spirituell, er ist Atheist. Er schreibt in seinen Texten über Platon und ich manchmal sogar über das jüngste Gericht. Grundverschieden ja…wir haben jedoch denselben Humor, hören fast dieselbe Musik und kommen beide aus der Pfalz:-). Als Fundament ausreichend, denke ich.
In unserer Anfangszeit hat uns das Schicksal in „eine Hood“ gespült. Mit allem was dazu gehört. Türkischer Supermarkt um die Ecke, überfülltes Jugendhaus, weil die Kinder dort mit 5 Geschwistern in einer 4 -Zimmer-Wohnung wohnen, Netto (denn in jedem Ghetto gibt’s einen Netto habe ich festgestellt!), Kürbiskernen und Sonnenblumenkernen überall auf dem Boden, laute Musik, Autos die getuned und auf Pump sind, neue Porsche die klassisch mit einem Wagenheber die Reifen gewechselt bekommen, das volle Programm der Klischees und Stereotypen.
Mit dem ersten Kind war noch alles ok
Mit dem Zweiten und Dritten bestand für uns jedoch die Frage, was jetzt? Haben wir Bock, das die Kinder hier auf die Schule gehen, nie auf der Gasse spielen können, so wie wir es als Kinder konnten? Hier gab es zwar keinen religiösen Druck, außer von meinen Landsleuten die meinten „Schau mal, sie ist eine türkische Alevitin. Es gibt sie also auch. Ich dachte die wären alle Kurden.“ Oh Wunder, oh Wunder!“ Hier hatten wir aber in vielen Dingen trotz allem einfach unsere Ruhe.
Von der Hood in die Provinz
Es hat sich also als „Fügung von Oben“ ergeben und wir sind in das Haus der verstorbenen Oma gezogen. Ein schönes Haus mit großem Garten, vorbei die Zeit in der urbanen Stadt, los ab zurück in die Provinz.
Seit wir aber nun quasi in der Provinz leben, ist wirklich alles anders. Unsere Nachbarschaft ist „megaspießig“ (So viel Spießigkeit hat die Welt noch nicht gesehen). Vom Busch der mit Rasierklinge geschnitten wird, oder der aalglatten Einfahrt, ohne jegliches Unkraut. Keinen Ton hört man hier. Ich bin, glaube ich die Lauteste, wenn ich nach den Kindern schreie :-D.
Religiöse Weihung zackig
Hier haben wir es mehr mit dem Thema Taufen, Konfirmation, Religiöser Zugehörigkeit zu tun als mir lieb ist. Flyer von religiösen Krabbelgottesdiensten liegen in einem kommunalen Kindergarten aus (sowas würde es in Metropolen einfach nicht mehr geben). Es ist okay, versucht euer Glück, ich glaube aber nicht das es was bringt, weil im kommunalen Kindergarten die ganzen „Ausländer und Asylanten“ zu Beginn untergebracht wurden und in den konfessionellen, die Christlichen :-D.
In der Grundschule war es auch etwas bizarr, weil wir unsere Kinder lieber in den Ethikunterricht, als in den Religionsunterricht schicken und wenn man dann noch sagt, das man bemüht ist, das die Kinder Türkisch lernen im Türkischunterricht, ist komplett aus. Was? Kinder mit deutschem Nachnamen im Türkischunterricht und Ethik? Was geht denn hier ab? Deutschland wird „Türkisiert“. Bäh. So ein Quatsch! Ok, etwas überspitzt, aber trotzdem.
Ethik ist wichtiger als Religion
Ethik ist wichtiger als Religion.
Dalai Lama
Von diesem Grundsatz bin ich fest überzeugt wenn es um die Erziehung von Kindern geht. Ich bin nicht perfekt. Meine Kinder kriegen auch mal „Ärger“ angedroht, wenn sie als Team angreifen. Trotzdem…Ich bin Fan von Laizismus…und mit jedem bisschen Wissen, das ich mir über das Thema aneigne, verfestigt es sich auch. Wie viele wurden getauft und sind ausgetreten. Wie viele sind auf einmal Atheisten oder Agnostiker, wenden sich eher dem Buddhismus zu, weil er im Ursprung frei ist von Konfession? Ich glaube, Jesus wäre kein Christ gewesen sondern hätte einfach sein Ding gemacht ohne zu sagen, „Du musst getauft sein, Du musst Weihnachten und Ostern feiern.“ Ich habe die Bibel gelesen und empfinde sie eher als Buch voller Ethik, Aphorismen, Metaphern. Ethische Grundsätze sind meines Erachtens viel elementarer bei der Erziehung. Die kann man sogar mit Fabeln und Geschichten beibringen. Nein?
Jugendhaus oder Kirchenfreizeit, dann lieber Kirche
Diesen Satz hat eine Bekannte von mir hervor gebracht nachdem wir uns über den Krabbelgottesdienst unterhalten haben. Ich meine ganz im Ernst, wieso? Wenn ich mir all die Mißbrauchsvorwürfe seitens der Kirche anschaue, habe ich ehrlich gesagt, kein gutes Gefühl meine Kinder auf eine CVJM Freizeit zu schicken. Nicht mal zu den Pfadfindern, obwohl die ja wohl das Coolste überhaupt sind. Irgendwie blöd. Es muss eine Alternative her.
Oma vs Nene
Die deutsche Oma wünscht sich immer wieder das die Kinder in die Kirche gehen, getauft werden und konfimiert. Nene möchte vor allem das die Kinder kulturelles Wissen und die Sprache beherrschen. Unsere Antwort ist „Die Kinder sollen mit 18 Jahren selbst entscheiden. Auch nicht mit 9 oder 10. Sie sollen den Weg der Konfession gehen, weil sie daran glauben oder auch nicht.“ Denn gerade mit 9 oder 10, wenn die Kinder konfirmiert werden und es dauernd Thema in der Schule ist, neigt man durch das Anlocken von Geschenken und Geld dazu, auch konfirmiert werden zu wollen. Es gibt Geld, Hallo! Ich erinnere mich noch sehr gut wie traurig ich deswegen war und ich meinen Vater fragte ob es bei uns nicht auch so ein Fest gäbe und er sagte einfach „Nein“. Ich dachte nur so, „Warum hat mein Bruder dann ein Beschneidungsfest gehabt und ich nich!“ Das ist aber wieder ein anderes Thema. Ist also die Kinder mit materiellen Dingen zur Konfession zu bekehren der richtige Weg? Ich glaube nicht, denn
„bist Du schwach, brauchst Du eine Konfession, bist Du stark ist Deine Konfession die Liebe.“
Amen.